Lebensältere Straftäter im deutschen Strafvollzug- erste empirische Ergebnisse im internationalen Vergleich
Sandra Verhülsdonk1, Barbara
Höft
1,
Tillmann Supprian1,
Isabel Steinke2, Josef Kessler2, Elke Kalbe2
1 Kliniken der Heinrich-Heine-Universität, LVR-Klinikum Düsseldorf
2 Uniklinik Köln
Zielsetzung/Fragestellung:
Im Rahmen des demographischen Wandels hat auch die Anzahl älterer Menschen
im Strafvollzug deutlich zugenommen. Im Zeitraum von 1993 bis 2014 ist die
Zahl der über 60-Jährigen Inhaftierten in der Bundesrepublik Deutschland
von 506 auf 2246 gestiegen. Es liegen bislang nur vereinzelt Daten dazu vor,
inwieweit dieser Anstieg auch mit einer Zunahme alternstypischer Einschränkungen
einhergeht. Bisherige, fast ausschließlich internationale Studien verweisen
auf einen schlechteren Gesundheitszustand sowie ein erhöhtes Vorliegen
verschiedener Risikofaktoren für die Entwicklung demenzieller Syndrome
bei älteren Strafgefangenen.
Die Frage nach der Prävalenz kognitiver Störungen bleibt für
den Strafvollzug in Deutschland bislang unbeantwortet.
Berücksichtigt man den mit kognitiven Einschränkungen einhergehenden
Bedarf an Unterstützung und Behandlung, ist die Frage nach der Prävalenz
solcher Defizite für die Beschäftigten wie auch die Verantwortlichen
in den Institutionen relevant.
Materialien/Methoden:
Mit Unterstützung des Justizministeriums NW und in Kooperation mit der
Uniklinik Köln führt die Abteilung Gerontopsychiatrie des LVR-Klinikums
Düsseldorf ein Pilotprojekt zu der Fragestellung durch. Dabei werden in
fünf Vollzugsanstalten alle über 60-Jährigen Inhaftierten um
eine Teilnahme gebeten, in deren Rahmen eine Evaluation des kognitiven und
affektiven Status mittels standardisierter Verfahren erfolgt. Daneben wird
biographischen und gesundheitsbezogenen Faktoren besondere Beachtung geschenkt.
Ergebnisse:
Bislang konnten die Daten von 51 Inhaftierten erhoben werden. Im Vortrag
wird neben einer differenzierten Darstellung der untersuchten Stichprobe
auf die Paramtern der kognitiven Leistungsfähigkeit in Relation zur
Allgemeinbevölkerung eingegangen. Daneben werden die Eignung und die
Erfahrungen hinsichtlich der genutzten Instrumente in dem vorliegenden
Setting in Bezug zu den internationalen Berichten kritisch diskutiert.
Zusammenfassung/Schlussfolgerung:
Die bisher gesammelten Erfahrungen geben Hinweis auf eine erhöhte Prävalenz
kognitiver Dysfunktionen und unterstreichen damit weiteren Forschungsbedarf
an der stetig wachsenden Gruppe lebensälterer Straftäter. Dabei werden
in Relation zu internationalen Ergebnissen auch Besonderheiten des deutschen
Strafvollzugs deutlich, die eine Übertragung der Ergebnisse erschweren
und eigene emprirische Projekte nötig machen.
back/zurück