Fahrsicherheit bei Demenz – Beratung im primärärztlichen Kontext als interprofessionelle Aufgabe
Verena Leve1,
Friederike Henkel1, Marie Ufert2,
Maria-Inti Metzendorf3, Sara Santos1, Michael Pentzek1
1Institut für Allgemeinmedizin (ifam),
Medizinische Fakultät,
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
2Düsseldorf
3Cochrane Metabolic and Endocrine Disorders Group am Institut für Allgemeinmedizin,
Med. Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Zielsetzung/Fragestellung:
Für die häufigsten Demenzformen bestehen im Krankheitsverlauf aufgrund
der fortschreitendenEinschränkungen kognitiver, motorischer und visueller
Funktionen erhöhte
Risiken für dieFahrsicherheit. Der Erhalt der Fahraktivität ist allerdings
insbesondere
in ländlichen Regionen eine
wichtige Voraussetzung, um weiter mobil zu bleiben, und trägt damit zur
Sicherung der sozialenTeilhabe bei. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt und
der richtigen Art und
Weise einer Ansprache
ist für die beteiligten Akteure mit Unsicherheiten behaftet. In einem systematischen
Review wurdedaher der Frage nachgegangen, welche Bedarfslagen der unterschiedlichen
Akteure
sich in Bezug aufden Umgang mit dem Autofahren bei Demenz identifizieren lassen.
Darüber
hinaus wurde geprüft,welche internationalen Erkenntnisse zum Umgang mit
dem Thema Autofahren und Demenz
sich auf den deutschen Versorgungskontext übertragen lassen?
Materialien/Methoden:
Mit Unterstützung der Düsseldorfer Cochrane Group wurde eine Suchstrategie entwickelt.
Die Suche erfolgte in den Datenbanken Medline, Embase, Cochrane, CINAHL, PsychINFO, BASE und Psyndex.
Die Durchsicht der Abstracts erfolgte durch zwei unabhängige Reviewer_innen.
Es wurden Interventionsstudien, Beobachtungsstudien, qualitative Forschungsarbeiten und
Reviews einbezogen. Die 66 eingeschlossenen Volltexte wurden in einem multiprofessionellen Team analysiert.
Ergebnisse:
Die Ergebnisse zeigen, dass Patient_innen, Angehörige und Hausärzt_innen
davon ausgehen, dass
Fahraktivitäten im fortschreitenden Krankheitsverlauf aufgegeben werden
müssen. Der Umgang mit dem Thema wird jedoch als sehr belastend empfunden
und eine Ansprache gerade durch Ärzt_innen
gewünscht. Geeignete Strategien und Algorithmen zur Ansprache der Fahrsicherheit
und Planung von Mobilitätsalternativen fehlen häufig oder sind nicht
bekannt. Ebenso wird ein Mangel an geeigneten Instrumenten zur Erkennung von Fahrsicherheitsrisiken
für die Anwendung in der Primärversorgung
konstatiert. Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Ansprache und Überprüfung
der Fahreignung sind im internationalen Kontext ausgesprochen heterogen. Insbesondere
bei Hausärzt_innen besteht Unklarheit
bezüglich der rechtlichen Grundlagen und Legitimation zur Ansprache des Themas.
Zusammenfassung/Schlussfolgerung:
Aus dem Review ergeben sich thematische Schwerpunkte für die Beratung
zum Thema Fahrsicherheit im primärärztlichen Setting. Berücksichtigt
werden sollten Inhalte zur frühen Identifikation
von Warnhinweisen, zur Ansprache von Fahrsicherheitsrisiken im hausärztlichen
Beratungssetting sowie zur partizipativen Entwicklung von Kompensationsstrategien. Für
ein ressourcenorientiertes Vorgehen im Umgang mit fahrsicherheitsrelevanten
Einschränkungen bei Demenz bedarf es der Einbindung verschiedener an
der Versorgung beteiligter Fachdisziplinen und der Entwicklung von Strategien,
die auch Ansätze zur interdisziplinären Zusammenarbeit berücksichtigen.