Aufsuchende Hilfe für Menschen mit Demenz - Projekt Dementia Care Nurse
Manuela Grünzig, Christine
Schiller, Stephanie Heinrich, Thomas Klatt, Gabriele Meyer
Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg (MLU), Halle
Zielsetzung/Fragestellung:
Jüngere europäische Studien zeigen, dass vor allem kontinuierliche
und vertrauenswürdige Ansprechpartner*innen für Menschen mit Demenz
und deren pflegende Angehörige notwendig sind. Das Projekt Dementia Care
Nursing greift diese Forderung auf und pilotiert eine aufsuchende Hilfe für
Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Ziel des Projektes ist, ein selbstbestimmtes
und gutes Leben zu Hause zu ermöglichen.
Im Fokus stehen folgende Fragestellungen:
1. In welchem Umfang gestaltet sich die aufsuchende Hilfe (Frequenz, Ort, Zeitumfang,
soziodemographische und gesundheitsbezogene Merkmale)?
2. Welche Bedarfe und Problemlagen zeigen sich in den einzelnen Fällen?
3. Inwieweit verändert sich die Versorgung durch die Intervention?
Materialien/Methoden:
Das Projekt verfolgt ein exploratives Vorgehen. Im Untersuchungszeitraum von
Oktober 2018 bis Juni 2019 werden die Betroffenen in städtischen und
ländlichen Regionen angesprochen. Die aufsuchende Hilfe wird im Sinne
eines Case-Management-Ansatzes gestaltet, schließt jedoch Information
und Beratung ein.
Anhand von Protokollen und Leitfaden-gestützten Interviews mit Betroffenen
werden Ausrichtungen, Bedarfe und Akzeptanz der aufsuchenden Hilfe erfasst
und quantitativ sowie qualitativ ausgewertet (Mixed-Methods-Ansatz).
Für die Postervorstellung werden erste Projektergebnisse aus dem noch
laufenden Projekt präsentiert.
Ergebnisse:
In der Pilotphase (bis 2/2019) konnten 88 Menschen mit Demenz und ihre pflegenden
Angehörigen eingeschlossen werden. Die Teilnehmenden sind durchschnittlich
79 Jahre alt, 43 sind Frauen und 45 Männer, 27 leben allein. Sieben
Teilnehmende zählen zu jung erkrankten Menschen mit Demenz (< 65
Jahre). Insgesamt n=22 haben die Diagnose Alzheimer-Demenz, bei n=13 besteht
der Verdacht einer Demenz und bei n=38 ist die Demenzform nicht weiter
differenziert. Die aufsuchende Hilfe gestaltete sich in 18 Fällen
als Information, bei 43 Fällen als Beratung und bei 27 Fällen
als umfassende Fallbegleitung. In Bezug auf die Fallbegleitungen erfolgten
im Mittel 20 Kontakte, verteilt auf Kontakte zur betreffenden Familie als
auch im Netzwerk. Die bisherige Auswertung einzelner Protokolle ergab einen
Problembezug und Bedarfe in den Bereichen Pflege, Behinderung, Rehabilitation,
Wohnraumgestaltung, Mobilität, Entlastung, Finanzen und soziale Kontakte.
Zusammenfassung/Schlussfolgerung:
Die ersten Ergebnisse zeigen, dass die Nachfrage und der Zuspruch der aufsuchenden
Hilfe groß sind und vor allem, dass umfassende und unterschiedliche
Bedarfslagen bestehen. Die bisherige überwiegende Begrenztheit der
Beratungsangebote auf einzelne Bereiche, wie z.B. Pflegeversicherung oder
psychosoziale Betreuung, scheint nicht ausreichend zu sein. Es zeigt sich,
dass kontinuierliche Ansprechpartner*innen für eine bedarfsgerechte
Versorgung von Menschen mit Demenz und deren pflegenden Angehörigen
förderlich sind und von den Teilnehmenden sehr gut angenommen werden.