Das HuBerTDA-Projekt: Handeln im Hier und Jetzt- Bereit zum Demenz- und Alterssensiblen Krankenhaus
Juliane
Spank1, Cathleen Koch2,
Carola Bruns1, Stefan Blumenrode3, Eva Mennig1, Sarah Weller1,
Christine Thomas1,
1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie für Ältere,
Klinikum Stuttgart Zentrum für Seelische Gesundheit, Stuttgart
2Klinikum Stuttgart Zentrum für Seelische Gesundheit, Stuttgart
3Akademie für Gesundheitsberufe, Klinikum Stuttgart
Zielsetzung/Fragestellung:
Im Zuge der demographischen Entwicklung steigt die Zahl älterer und kognitiv
eingeschränkter Patienten in den Krankenhäusern. Im Klinikum Stuttgart
werden jährlich rund 17.000 Patienten im Alter von >70 Jahren behandelt.
Kognitiv beeinträchtigte Ältere mit Demenz, Delir, Depression werden
zu selten erfasst bzw. nicht frühzeitig erkannt. Es bestehen Defizite
in der Diagnostik, Zunahme der Komplikationen und Verweildauern, Zunahme der
Mitarbeiterbelastung sowie Mitarbeiter- und Patientenunzufriedenheit. Das von
der Robert Bosch Stiftung geförderte Projekt „HuBerTDA“ zielt
darauf ab, die vorhandenen Versorgungs- und Behandlungsangebote an die Bedarfe älterer
und demenzerkrankter Patienten in der Interdisziplinären Notaufnahme (INA)
und auf einer orthopädischen Pilotstation anzupassen. sowie den Akuterkrankungspfad
aus „Good-Practice-Projekten“ zu optimieren.
Materialien/Methoden:
Bei allen Notfallpatienten >70 Jahren in der INA wird ein standardisiertes
geriatrisches Risikoscreening – ISAR (Identification senior of risk)
und der 4AT durchgeführt. Bei einem positiven Ergebnis werden definierte
Standards für eine umfassende psycho-neuro-geriatrische Diagnostik mit
Angehörigeneinbezug und pharmakologischer Beratung sowie eine demenz-
und alterssensible Ergänzung bestehender Behandlungspfade durchgeführt.
Zur weiterführenden Risikoabschätzung wurden unter Einbezug einer
studentischen Projektgruppe der FH Esslingen weitere Assessments und Screenings
ausgewählt (CAM, MMST, GDS-8). Darüber hinaus konnte das Schmerzinstrument
BESD eingeführt werden. Um Angehörige gezielt mit ihrer Expertise
einzubinden ein Patienten- Kennenlernbogen entwickelt, der Fragen zu bestehenden
Ressourcen, Wünschen und Vorlieben stellt. Außerdem erfolgte die
Implementierung eines evidenzbasierten Interventionsbündels auf der Pilotstation
durch die Umsetzung des Delirpräventionskonzeptes „AKTIVER“,
sowie ein spezifisches Farb- und Raumkonzept. Alle an der Behandlung beteiligten
Berufsgruppen werden hinsichtlich einer „best-practice“ Versorgung
von nachhaltig geschult.
Ergebnisse:
Eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse konnte im Rahmen einer quantitativen
Datenauswertung noch nicht gezeigt werden. Es wurden für 2017, 2018
die Anzahl an allen Patienten im KS > 70 Jahre sowie die Anzahl an Patienten
mit Demenz, Delir, Depression erfasst. Ca. 26% aller Patienten im KS waren
2017/ 2018 > 70 Jahre. Eine erste Auswertung ergab, dass im 1. Halbjahr
2017 etwa 365 Patienten > 70 Jahre auf der Pilotstation des Projektes
HuBerTDA betreut wurden. Bei 45 dieser Patienten wurde eine Demenz diagnostiziert,
bei 39 Patienten bestand ein manifestes Delir und 17 Patienten waren an
Depressionen erkrankt. Die durchschnittliche Verweildauer der Patientinnen
und Patienten > 70 Jahre war mit den Nebendiagnosen Demenz, Depression
und Delir deutlich erhöht. Der erhöhte Betreuungs- und Behandlungsaufwand
von Patienten mit einer psychiatrischen Nebendiagnose zeigt sich in zahlreichen
Kennzahlen (z.B. durchgeführte Konsile, positiver CAM).
Es konnte eine Förderung der Aufmerksamkeit, des Bewusstseins bei allen
am Behandlungsprozess beteiligten Berufsgruppen hinsichtlich des spezifischen
Bedarfs und der Versorgung von Menschen mit Demenz und kognitiven Einschränkungen
im Akutkrankenhaus erzielt werden.
Messbare Effekte der Schulungen, waren der Zugewinn an Wissen und Handlungskompetenz
sowie die Verbesserung der interprofessionellen Kommunikation.
Zusammenfassung/Schlussfolgerung:
HuBerTDA soll ein strukturierter, alterssensibler Behandlungspfad, eine frühzeitige
Identifikation von Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen und sensorischen
Einschränkungen ermöglichen und dazu beitragen, sowohl Komplikationen
zu reduzieren als auch die psychophysische Belastung durch den stationären
Aufenthalt zu mindern. Der Erhalt der vorhandenen Selbstständigkeit, eine
Erleichterung des Übergangs ins ambulante Setting, sowie eine bessere
Vernetzung mit den prä- und poststationären Versorgungssystemen soll
so eine Steigerung der Behandlungszufriedenheit von Patienten und Angehörigen
und darüber hinaus die Behandlungsqualität bei dieser vulnerablen
Patientengruppe erhöhen. Des Weiteren soll die Fachlichkeit und Kompetenz
der Mitarbeiter erweitert werden, um ihnen Sicherheit in der professionellen
Versorgung von Patienten mit kognitiven Einschränkungen zu ermöglichen
und so eine Reduktion von Arbeitsbelastungen erzielen.